Schlagwort-Archive: Nervensystem

Der Strandball im Brunnen…

Wie bekommst du einen in einen Brunnen hineingefallenen Strandball wieder aus dem Brunnen heraus? Der Wasserstand des Brunnen ist so tief, dass du den Strandball mit bloßen Händen nicht erreichst.

Überlege mal…

Und überlege nochmal…

Lass dir Zeit. Was kommt da alles hoch?

Versuchst du, mit irgendwelchen Mitteln oder Kränen oder Werkzeugen den Ball zu fassen zu bekommen?

Versuchst du etwa, selbst den sicheren Boden unter den Füßen zu verlassen und den Brunnen hinunterzuklettern?

Oder bist du am Verzweifeln und versuchst, dich mit einem anderen Spielzeug abzulenken?

Oder legst du dich ganz bequem auf die Wiese nebenan, schaust die Gänseblümchen an und erfreust dich an der Sonne…

…während du den Gartenschlauch in den Brunnen hängst und Wasser hineinlaufen lässt, bis der Strandball wie von selbst „auftaucht“?

Letzteres ist die „übertragene“ Methode, wie unser aller Nervensystem (Brunnen) am leichtesten die Dinge wieder zum Vorschein kommen lässt, die wir schon ganz früh weggedrückt haben (Strandbälle). Wie zum Beispiel Wut oder Traurigkeit.

Es bringt rein gar nichts, daran herumzudoktern und verbissen an diese Gefühle heranzukommen. Das Wasser im Beispiel repräsentiert die Sicherheit im Nervensystem. Je sicherer und verbundener ein Mensch sich fühlt, desto eher ist der Raum gegeben, um lange Verdrängtes wieder zum Vorschein zu bringen. Das passiert von ganz alleine, sofern ein Mensch immer mehr Sicherheit/Verbundenheit im Außen/Innern wahrnehmen kann.

Also: ab auf die Wiese und Sonne tanken – am besten noch mit jemand anderem.

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Erweiterte Soziale Plastik

Jeder Mensch ist Künstler. Jeder Mensch ist Kunstwerk. Jeder Mensch ist Körper.

Joseph Beuys kannte die Polyvagaltheorie nicht. Deshalb muss nun auch seine Auslegung der sozialen Plastik und des Satzes „Jeder Mensch ist Künstler“ erweitert werden. Vom erweiterten Kunstbegriff zum erweiterten Begriff der sozialen Plastik.

Beuys würde sich jetzt freuen. Zumindest spüre ich das 😉

Ein Mensch kann nur dann Künstler sein, sofern er genug Sicherheit erfährt, damit seine Überlebensmechanismen im Nervensystem (Kämpfen, Fliehen, Erstarren, Dissoziieren, Manipulieren) zur Ruhe kommen – und so Raum für Kreativität entsteht.

Nur so kann der Mensch erst begreifen, dass er selbst Kunstwerk ist, welches er Tag für Tag, Moment für Moment, formt. Durch seine Beziehungen und durch sein ehrliches Mitteilen. Im Miteinander. Wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind.

Nur durch das Gewahrsein des eigenen Körpers und wie das Nervensystem funktioniert, haben wir die Möglichkeit und den Kontext zu verstehen, dass Sicherheit notwendig ist, dass der Künstler sein Potential ergreift und spürt, wohin es ihn ruft.

Vom Chaos der Überlebensmechanismen im Körper über die Aktion des ehrlichen Mitteilens in Gemeinschaft (lokale Gruppen) hin zur Formierung und Selbstregulierung des eigenen Nervensystems und der Benutzung und dadurch Ausreifung des ventralen Vagus.

Herr Beuys, ich ziehe meinen imaginären Hut in größter Freude 🙂

Mein Weihnachtsgeschenk…

…an euch ist eine Wahrnehmungsübung von Irene Lyon.

Sie hilft mir, mein Nervensystem vor dem Einschlafen so in Sicherheit und Geborgenheit zu versetzen, dass ich bereits nach dem ersten Üben eine deutliche Verbesserung meiner Schlafqualität bemerke.

Hier der Link zur auditiven Übung.

Eine frohe und besinnliche Weihnacht euch allen!

Liebe Grüße, Julia

Ostern – oder: auf der Suche nach sICHerheit

Über die Osterfeiertage habe ich in einem ganz besonderen Buch geblättert.

Elli und der unsichtbare Schnabel.

Simone Dräger, die Autorin, schreibt hier über ein Phänomen, welches – genauso wie Hochsensibilität auch – unsichtbar ist – sie schreibt über ihr bisheriges Leben und über eine Art unsichtbaren Teppich, der sie jeden Tag begleitet. Simone ist in vielen Situationen ihres Alltags in sich selbst gefangen und reagiert mit Nichts – also mit Sprachlosigkeit, einer hohen Erregung ihres Nervensystems und einer seelischen Starre. Sie bringt Licht und Klarheit in den Nebel des Mutismus.

Warum ich das hier schreibe? Nun, Simone schreibt nicht nur eine Geschichte über die Ente Elli – sie schreibt im 2. Teil ihres Buches auch darüber, was Mutismus genau ist und was das mit dem Zustand ihres Nervensystems zu tun hat – es ist eine Suche nach Sicherheit.

Was ich an Simones Beschreibung faszinierend finde? Sie trägt die Arbeiten sämtlicher Fachexperten und Wissenschaftler zusammen, die mich gerade selbst interessieren. Ich war wirklich baff! Aber mit Mutismus habe ich gar nichts zu tun. Nun ja, ganz früher vielleicht. Aber jetzt beschäftige ich mich mit einem ganz anderen Thema, in welchem es auch um die Suche nach Sicherheit geht.

Stephen Porges hat eine neue Theorie entwickelt um zu erklären, wie unser Nervensystem auf (Lebens-) Bedrohung von außen reagiert und wie man wieder in die Lage kommt, sich sicher zu fühlen. (Polyvagaltheorie)

Er beschreibt ganz genau, dass der gleiche Mensch in der gleichen Umgebung ganz unterschiedliche Reaktionsweisen zeigen kann, wenn sein Nervensystem sich in einem anderen Zustand befindet (Neurozeption).

Was hat das Ganze nun mit Hochsensibilität zu tun? Nun – läuft das Nervensystem auf Hochtouren und wählt es als Exit-Strategie den Freeze, also eine Starre, dann könnte ein Hochsensibler auf die Idee kommen, das wäre ja „nur“ eine Reizüberflutung. Dabei wären ganz andere Maßnahmen erforderlich. Genau bei dieser Unterscheidung sollten Hochsensible genau Bescheid wissen, wann sich ihr Körper in der Reizüberflutung befindet und wann evtl. in einem Notzustand ihres Nervensystems (oder beides).

Im einen Falle ist Reizabschottung hilfreich, im anderen Falle hilft die Stimulation des sogenannten ventralen Vagusnervs (z.B. Kontakt zu lieben Menschen, den eigenen Körper spüren, langes langsames Ausatmen, …).

Ich habe schon viel zu viel geschrieben. Warum? Weil die Suche nach Sicherheit des Nervensystems so viele verschiedene Ausprägungen haben kann wie es Sandkörner auf dem Mars gibt. Deshalb im Anschluss meiner Worte noch eine Liste von Themen, die mit Unsicherheit im Nervensystem einhergehen können. Viel Spaß beim Stöbern und beim Finden eines jeden persönlichen Ostereis 🙂 (Ei, nicht Eis, sonst hieße es Ostereises – hihi…)

Frohe Ostern uns allen!

Liebe Grüße, Julia

 

PS.: Einem Wort habe ich übrigens in meinem Text oben keinen Raum geschenkt – aus dem Grund, weil es sehr oft missverstanden wird. Dem „Raum“ schenke ich jetzt allerdings 2 Buchstaben. Ein „T“ vorne und ein „A“ hinten.

Nein, es sind nicht immer einmalige Ereignisse, die dieses auslösen, wie z.B. Krieg, Gewalt usw. Es können auch (vor-) geburtliche Ereignisse oder Ereignisse in den ersten 3 Jahren in der Entwicklung eines Kindes sein, die die Sicherheit desselben gefährden, ohne dass es den Eltern selbst bewusst ist (weil z.B. ein Elternteil selbst traumatisiert sein könnte) – Entwicklungstrauma genannt.

HSP (Elaine Aron, Ilse Sand, Tom Falkenstein)

Hochbegabung

Mutismus

Arno Gruen (alle Bücher)

Bindungsstörungen (Schutzgarten, Buch: Liebe & Bindungsangst)

Angst, Panikattacken, Prüfungsangst

Jonice Webb, CEN (Running on Empty)

Gopal Norbert Klein (Lokale Gruppen)

Buch: Entwicklungstrauma heilen (Heller, LaPierre)

Epigenetik, Kriegskinder

Wie weiter? Ganz einfach: Gute Selbstfürsorge, Kontakt zu anderen Menschen (sich selbst mitteilen, SEIN) und neue Erfahrungen (alte Erfahrungen überschreiben, TUN).

Körpertherapie (reine Gesprächstherapie kommt nicht an die tiefen Schichten des Nervensystems ran!), Sport, Musik, Natur, GfK, EFT, Alexander-Technik, Kreativität, das Eigene nach Außen bringen, Singen, Kontakt mit lieben Menschen, für mich selbst da sein und da bleiben, gute Selbstfürsorge, Selbstmitgefühl (Kristin Neff), Schreiben (Stephan Konrad Niederwieser), sich mitteilen in lokalen Gruppen

Auf Schatzsuche III (am Tag danach)

Mein Kopf fühlt sich verklebt an. Die Gedanken sind zäh. Das Denken funktioniert nur noch sehr langsam.

Ein Tag nach der Massenveranstaltung schreibe ich mir im Büro kurze Stichwörter auf gelbe Post-its, damit ich diese Gedanken und diesen Zustand ja nicht vergesse und Euch darüber berichten kann 😉

Ich weiß, dieser Zustand endet bald – zum Glück weiß ich das!!! (ansonsten könnte sich eine negative Gedankenspirale einstellen gepaart mit Angst, die wiederum einen inneren Reiz darstellt – aber nicht mit mir 😉 ) Ich genehmige mir nun Langsamkeit – andere Menschen merken das nicht. Nur ich – JEDE Bewegung wird langsam und bewusst ausgeführt – und auch das Denken. Wenn ich richtigen Muskelkater nach einem Marathon habe, dann kann ich am Tag danach auch noch nicht wirklich flüssig gehen oder Treppen steigen.

Diese Massenveranstaltung wirkt ähnlich wie eine längere Trainingseinheit beim Laufen. Am Tag danach fühlt sich alles etwas träger und schwerer an und man benötigt eine Sportpause.

Nun leite ich meine These für das Thema Hochsensibilität ab: Die Massenveranstaltung bedeutet einen enorme Reizflut für das Nervensystem eines Hochsensiblen. Einen Tag später spürt der Hochsensible einen Muskelkater im Nervensystem. Dieser Muskelkater setzt einige Zeit nach einer Phase ein, die von größerer und langer Reizflut geprägt war.

Ich nenne ihn den Muskelkater des Nervensystems.

Michael Jack, Vorsitzender des Informations- und Forschungsverbunds Hochsensibilität (IFHS), nennt ihn in einem aktuellen Zeitungsbericht den Nervenkater. Miau! 😉

Es dauert ein paar Stunden, bis sich wieder ein Gefühl der Balance einstellt. Bei mir fühlt es sich sehr angenehm und wie ein Prickeln im Kopf an. Erleichterung macht sich breit 🙂

Einen guten Start in die neue Woche wünscht Euch
Julia